Glauchau - Stolpersteine putzen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Stolpersteine putzen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Erstmals in diesem Jahr in mehreren Orten des Landkreises
 
Die Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 ist wohl einer der dunkelsten Momente der deutschen Geschichte: Mehr als 1000 Synagogen und tausende jüdische Geschäfte wurden überfallen und zerstört. 400 Jüdinnen und Juden wurden allein in dieser Nacht ermordet.

Zum Gedenken an diese und folgende Opfer wurde das Projekt der "Stolpersteine" 1992 von dem Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen. Mittlerweile gelten die Stolpersteine als das größte dezentrale Mahnmal der Welt und sind längst nicht mehr nur in Deutschland zu finden: In 25 europäischen Ländern wurden sie bis heute verlegt. Gunter Demnig selbst hat 2022 den 90.000sten Stein verlegt.

Wie in jedem Jahr nutzt der Kreisverband von Bündnis90/Die Grünen Zwickau diesen Tag, um den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken, indem die Stolpersteine geputzt werden. Bisher praktizierten wir dieses Form der Erinnerung nur in Zwickau und gemeinsam mit dem Demokratiebündnis durch. Erstmals haben wir in diesem Jahr das Gedenken auch an anderen Orten im Landkreis Zwickau durchgeführt:

• In Glauchau trafen wir uns gemeinsam mit einer Gruppe Menschen aus verschiedenen Kirchgemeinden der Stadt am Grünen Bürgerbüro. Von da aus ging es auf drei Routen durch die Innenstadt, um 16 Steine zu putzen. Die weiteren 6 Steine außerhalb des Stadtzentrums hatten wir in den Tagen davor bereits geputzt. Durch die Unterstützung der Kirchgemeinden konnten wir an den Steinen noch kurzen Gebeten lauschen, was dem Gedenken sehr angemessen und berührend war.
Im Anschluss an die Putzaktion sprach unser Mitglied und Stadthistoriker Günther Bormann vor ca. 20 Zuhörer:innen zum Thema „Wann wird ein Mensch ein Jude?“ Er erläuterte, auch anhand eigener Familiengeschichte, wie sich das Judentum und dessen Position in der Weltgesellschaft über die Jahrtausende veränderte und wie es zu den Pogromen 1938 kommen konnte. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einer Lesung von Mandy Bauch über das Schicksal jüdischer Familien in Glauchau am 09./10. November 1938.
• In Limbach-Oberfrohna folgten dem Aufruf der Grünen Ortsgruppe um Stadtrat Albert Klepper ebenfalls etwa 20 Personen, darunter auch OB Gerd Härtig (Freie Wähler) sowie die Stadträt:innen Frau Raether-Lordieck (SPD), Herr Wunderlich (Die Linke) und Frau Grobe (parteilos), um dem Putzen der Stolpersteine beizuwohnen. Die schrecklichen Schicksale der von den Nazis ermordeten Personen hatte Albert Klepper sehr detailliert recherchiert und vorgetragen. Niemals dürfen diese Gräueltaten in Vergessenheit geraten und umso dankbarer sind wir für Alberts Engagement. Nach der unbegreiflichen Entscheidung der Mehrheit unseres Stadtrates, keine weiteren Steine verlegen zu lassen, weil die vorgeschlagenen Personen es nicht wert wären, war es umso wichtiger als breites Bündnis aufzutreten.
• In Meerane organisierte Juliane Richter als Koordinatorin der „Partnerschaft für Demokratie“ das Gedenken. Hier unterstützten Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Einrichtungen der Stadt die Putzaktion. Auch Oberbürgermeister Schmeißer sowie mehrere Stadträte waren mit vor Ort. Passend dazu findet auf dem Marktplatz aktuell eine Wanderausstellung der Arolsen Archives statt, die sich um die Rückgabe persönlicher Besitzstücke ehemaliger KZ-Häftlinge bemüht.
• In Zwickau, wo das Putzen der Stolpersteine inzwischen Tradition hat, erhielten wir in diesem Jahr tatkräftige Unterstützung von Auszubildenden von Volkswagen. Auch Schülerinnen und Schülern des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums, Vertreter:innen anderer Parteien und Organisationen, z.B. der Rote Baum, waren wieder dabei. Die Unterstützung der breiten Zivilgesellschaft macht das Gedenken und die Erinnerung besonders wertvoll.

Jenny Bück, Sprecherin B90/Die Grünen in Zwickau: „Wir freuen uns sehr, dass die so wichtige Tradition des Stolpersteine Putzens auch außerhalb der Stadt Zwickau viel Anklang gefunden hat. Wir werden in den kommenden Jahren versuchen, dies zu etablieren und weiter auszubauen. Gerade in der aktuellen Zeit ist es von herausragender Bedeutung, dass die entsetzlichen Verbrechen eines Regimes, welches ja aus einem demokratischen Rechtsstaat heraus entstehen konnte, nie vergessen werden.“